Vor Ihnen ist eine wundervolle alte Uhr. Ihr Alter ist vermutlich ca. 300 Jahre. Wahrscheinlich kann dieses Exemplar zu den Gegenständen zugeordnet werden, welche museales Interesse darstellen.
Alter dieser Uhr zu bestimmen ist gar nicht so einfach. https://uhrforum.de/taschenuhr-wilkes-bilston-t60855
Das Gehäuse ist aus Holz gefertigt. Die Tür und die Außenseiten sind mit Messingplatten geschmückt. In den Platten sind pflanzliche Intarsien aus Steinen und Perlmutt. Die Restlichen Oberflächen sind mit Schelllack versiegelt. Schllack hat eine Stärke von etwa 0,8 mm. Der obere verjungte zeltartige Teil ist ebenfalls aus Messing mit Inkrustationen verziert. Gekrönnt wird die Tischuhr (Kaminuhr) mit einer Figur eines Lövens. Die Höhe des Gehäuses beträgt 26 cm. Die gebogenen Beine, die Elemente an den seitlichen Ecken, das Bogenelement über der Tür sind aus Messing und Feuervergoldet.
Es scheint als ob das Gehäuse eigenständig und nicht speziell zu dem Uhrwerk von einem Kunsttischler hergestellt wurde. Die Vermutung ist nahe, weil im Gehäuse es Aussparungen, Vertifungen, Häckchen und Hölzblöcke gibt, die keinen Sinn oder Funktion haben. Und so ist das Uhrwerk von einer Taschenuhr in die Kaminuhr (Tischuhr) angepasst worden. Dieser Trend war im 18. Jahrhundert in Frankreich weit verbreitet.
Das Uhrwerk hat Spindelhemmung mit Radunruh und Spirale. Angetrieben wird es durch Schnecke (fusee) mit Kette.
Diese Art Hemmung wurde von Christiaan Huygens 1675 erfunden und von seinem Pariser Uhrmacher Thuret erstmals ausgeführt. Die Spirale ist an ihrem inneren Ende an der Unruhwelle, mit dem äußeren Ende an der Werkplatte befestigt. Die mit diesem System bewirkte Genauigkeitssteigerung führte nach wenigen Jahren zur Angabe der Minute auf dem Zifferblatt.
Die Spindelhemmung wurde bei Taschenuhren bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts, bei ortsfesten Uhren (z. B. Comtoise-Uhren) noch bis etwa 1860 eingesetzt.
Auf den Platinen sind keine Nummer eingestanzt. Es gibt nur eine Punzierung mit einer "B". Desweiteren gibt es paar Unterschriften von den Uhrmachern, die diese Uhr repariert hatten. Auf der unterseite des Ziffenblattes gibt es ein Unterschrift: "Romershausen".
Begutachtung und aussuchen der besseren Vorgehensweise
Das Uhrwerk habe ich schon im zerlegten Zustand bekommen.
Das Uhrwerk ist größtenteils nicht verbastelt. Alles ist authentisch. Nur da und hier haben die Uhrmechen Spuren nach der Reparatur hinterlassen. Die Feuervergoldung ist in einem guten Zustand. Es gibt nur sehr wenig Flugrost. Die Teile der Uhr sind sehr Hochwertig ausgearbeitet. Somit die Restaurierung dieses Srtefakts ist sinnvoll, da die Uhr immer noch einen historischen Wert hat.
Folgende Reparaturen sind notwendig:
- Unruhwelle ist gebrochen, der untere Zapfen ist ebenfalls abgebrochen, die Hemmungslappen weisen Abnutzungsspuren auf und wurden etwas nachbearbeitet XXX
- An der Kette ist ein Hacken abgebrochen
- An dem Kleinbodentrieb ist ein Zapfen abgebrochen
Fachgerechte Reparatur braucht bei so einer Uhr viel Bedacht und Zeit.
Anfertigen der Unruhwelle
30 Stunden
Leider lassen sich die Maße der Welle nicht vollständig ermitteln. Die Hemmungslappen wurden ja nach geschliffen. Der Unruhkloben wurde ein Stück nach unten gedrückt, somit kann man den Abstand zwischen Zapfenspitzen nicht mehr genau messen. Die Unruhwelle war gebroch und man versuchte die Welle mit Lötzinn wieder zusammen zu löten. Somit ist die Buchse an der Unruh mit Zinn verschmiert. Somit habe ich zuerst die Maße abgenommen, wo ich mir sicher war, dass diese niemand vor mir verändert hat. Dann habe ich die fehlenden Maße grob geschätz ergänzt. Die Hemmungslappen machte ich absichtlich breiter. Abstand zwischen Zapfen musste ich zuerst durch mehrere Rechnungen als Durchschitt ermitteln. Beste Ausführung dieser Arbeit ist der Basis für alle späteren Schritte. Somit nimmt man sich die Stunde Zeit dafür.
Zuerst fertigte ich eine Probewelle. Dabei stellte ich die Fräsmaschine ein. So vergingen weitere 10 Stunden internsiver Arbeit. Nachdem ich den Unruhkloben etwas gerichtet habe, konnte ich feststellen, dass die Unruhwelle um etwa 0,25 mm zu lang geraten war. Wegen der Bauart der Unruhwelle bei dieser Uhr ist es kaum möglich das Wellbaum etwas zu küzen. So änderte ich die Maße in der Zeichnung etwas. Die Welle im Bereich der Unruh machte ich auch etwas dicker. Originalwelle kann man nicht messen. Optisch ist sie etwa 0,5 mm dick. Ich habe sie 0,8 mm dick gemacht, damit ich später die Unruhwelle besser nachbearbeiten kann. Ich habe auch die Welle im unteren Bereich ebenfalls 0,8 mm dick gemacht. Den Maß für den unteren Zapfen änderte ich ebenfalls und erhöhte es bis 0,9 mm.
Mit den neu gewonnen Erkenntnissen fing ich an eine weitere Unruhwelle anzufertigen. Natürlich geht bei der Arbeit auch mal etwas schief und man muss die Strategie ändern.
Schritte bei der Anfertigung im Einzelnen:
- Werkstoff: Silberstahl 2,6 mm
- Wellbaum mit dem Zapfen vordrehen
- Zapfendurchmesser 0,27 mm, Endmaß 0,25 mm
- Wellbaum 0,8 mm Durchmesser
- Gesamtlänge 3,0 mm
- alle Oberflächen etwas mit Rollierfeile nachglätten
- längeren Hemmungslappen auf der Fräsmaschine fräsen
- Wellbaum grob fräsen, Duchmesser ca. 0,6 mm
- kürzeren Hemmungslappen fräsen
- in der Drehbank das Wellbaum mit dem Zapfen nachdrehen
Welle abtrenen
Diese Arbeit nimmt etwa eine Stunde in Anspruch.
Im nächsten Schritt muss man die Welle härten und anlassen. Das ist der heikelste Arbeitsschritt überhaupt. Hier sind die Erfahrungen gerfragt. Denn beim Härten, darf sich das Werkstück nicht verziehen, Risse bekommen oder gar brechen. Die Oberflächen können oxidieren und sie können abbrennen bzw. es ensteht Verlust an Metall. Beim Anlassen geht es um wenige Grad und manchmal um wenige Sekunden. Man muss abwegen wie groß das Werkstück ist und wie schnell es die strohgelbe Farbe angenommen hat. Anlassen wie Härten muss wirklich beim ersten Mal klappen.
Die nächsten 10 Stunden sind nötig um den Hemmungslappen die richtige Form zu geben. Dabei feilt man die Hemmungslappen am Besten wähhrend die Unruhwellen in der Drehbank gespannt ist. Die Oberflächen der Hemmungslappen müssend anschließend mit Degussit nachgeschliffen und auf hochglanz poliert werden. Wellbaum zwischen den Hemmungslappen drehte ich noch etwas nach. Die Zapfen werden als letztes Rolliert und die Bombierung angebracht.
Nun kann man die Unruhwelle zum Ersten mal einsetzen und die Länge prüfen. Erst jetzt habe ich die Hemmungslappen etwas gekürzt. Denn die Endmaße sind nicht bekannt. Ich habe es solange angepasst bis das Hemmungsrad an den Hemmungslappen abgleitet ohne mit den Zähnen dran hängen zu bleiben.
Arbeiten an der Unruh und Spirale
25 Stunden
Jetzt kann ich meine Aufmerksamkeit der Unruh widmen. Zuerst nehme ich vorsichtig die Spiralle ab. Danach spanne ich die Unruh an der Buchse in die Drehbank ein. Dann richte ich die Unruh solange bis der Rundlauf und Flachlauf gegeben sind. Die Buchse aus Messig kann man jetzt herauspressen. Da das Original nicht zu gebrauchen ist, fertigte ich eine neue Buchse.
Nachdem die neue Buchse mit der Unruh vernietet wurde, presse ich die Unruhwelle ein. Wieder wird das Flachlaufen und Rundlaufen geprüft und berichtigt. Nun wird die Unruh gewuchtet. Dazu tue ich etwas Lötzinn an dem Unruhreifen anbringen oder abfeilen, so wie es die Uhrmacher schon vor mir gemacht haben.
Spirale
Herstellung der Gallkette
6 Stunden
Auf der Kette war von der einen Seite der Haken abgebrochen. Ich habe ihn aus Stahl gemacht. Desweiteren machte ich einen Stift (Ø 0,32 mm × 0,6 mm). Danach vernietete ich den Hacken mit den Kettengliedern.
Auf dem Bild ist der Haken oben von mir gefertigt.
Herstellung der Sperrklinke für die Schnecke
4 Stunden
Die Sperrklinke sah sehr abgenutzt aus, ich machte eine neue. Auf dem Bild sieht man den Verschleiß. Der abgebrochene Stift ist im Durchmesser ca. 0,55 mm und etwa 0,85 mm lang.
Links ist die neu angefertigte Sperrklinke.
Trieb herstellen
20 Stunden
Im Uhrwerk war der Zapfen eines der Triebe abgebrochen. Es muss ein neuer Trieb angefertigt werden. Der neue Trib ist Ø 2,7 mm, die Zapfen haben Ø 0,29 mm. Der Trieb hat 6 Zähne. Die Zähne fräste ich mit Wälzfräser aus dem 19. Jahrhunderts.
Die Buchse aus messing ist ebenfalls neu angefertigt worden. Nur das Zahnrad ist original geblieben.
Die Herstellung der Zeiger
Die Zeiger aauf dem Uhrwerk waren nicht vorhanden. Beide waren abgebrochen. Geblieben sind nur die Teile, welche auf das Stundenrohr und Minutenrtieb aufgesetzt wurden. Der Ursprungliche Design und Werkstoff sind nicht bekannt. Es bleibt nur sich als Vorbild irgendwelche Zeiger der damaligen Epoche zu nehmen, welche mehr oder weniger zu dem Zifferblatt und dem Gehäuse dazu passen.
Die Rehenfolge der Arbeitsschritte bei der Anfertigung des Minutenzeigers:
30 Stunden
- Gießen in der induktion Gießanlage eines Rohlings aus Gold im Ø 3,5 mm × 30 mm
- An der dickeren Seite drehen auf der Fräsmaschine eine Kugel Ø 4 mm Das ist der Teil, welches später auf das Minutenrohr aufgepresst wird.
- Danach drehen des Zeigers in der kunstvollen Form. Anschließend polieren und abtrennen.
- Danache einkitten den Zeiger auf eine Lackscheibe. Abdrehen die untere Fläche am Zeiger und setzen einer Bohrung Ø 1,5 mm in der Kugel.
- Anfeilen des Vierkantes in der Bohrung für den Minutenrohr.
- Abschließendes Polieren, 4,4 mm × 22 mm × 1,2 mm, 0,5 g.
Die Rehenfolge der Arbeitsschritte bei der Anfertigung des Stundenzeigers:
20 Stunden
- Abgießen in der induktion Gießanlage eines Rohlings aus Gold Ø 5 mm × 16 mm.
- Eingespannt im Dreibackenfutter flachdrehen in der Drehbank. Andrehen der Zylinder von beiden Seiten an einem Rand.
- Einspannen das Werkstückes am dickeren Zylinder in eine Spannzange. Anbohren von Bohrungen Ø 0,7 mm und Ø 1,5 mm, Fräsen der Verjungung und des Zylinders Ø 4,2 мм. Anbringen der Mittellinie.
- Danach mit Hemmungsfeilen und Laubsäge in Form bringen die Umrisse dar Blätter. Bohrung in der Mitte setzen Ø 3,2 mm.
- Enkitten den Zeiger und das Gravieren des Reliefs auf dem ganzen Zeiger.
- Zurecht feilen und schleifen mit Degussit der Oberflächen und anbringen der Fasseten. Abschlüeßendes Polieren. Abmessungen 0,7 mm × 4,8 mm × 15,8 mm, 0,2 g.
Arbeiten am Gehäuse der Uhr
8 Stunden
Grundsätzlich ist das Gehäuse in einem zufriedenstellenden Zustand. Einige der Elemente aus Stein oder Perlmutt sind verloren gegangen und die Stellen in der Messingplatte wurden zugespachtelt. Das Holz im Bereich der Scharniere ist beschädigt und wurde schon merhfach repariert. Die Scharniere sind ja schon seit 300 Jahren im EInsatz. Das fehlende Schelllack wurde ebenfalls zugespachtelt. An manchen Stellen weißt das Schellack Risse auf.
Ich habe sorgfältig Staub und Schmutz entfernt und wischte anschließend alle Teile aus Messing mit Terpentinöl ab.